29. September 2023: Nein, ich habe kein Verständnis dafür
D’Luft isch duss, denke ion. Diurt ison auss bei einigen Velos, die in der Remise stehen.
Sie müssen geflickt werden, damit die Kinder wieder einen fahrbaren Untersatz haben. In meinen Augen ist alles andere keine Option, zumindest das Auto nicht.
Was gibt es nicht alles zu erleben auf dem Schulweg. Der Schulweg schafft Erinnerungen. Wie unterhaltsam ist es, Schnecken beim Überqueren der Strasse zu beobachten. Wie lustig, Steine vor sich hin zu kicken. Mit dem blühenden Löwenzahn lässt es sich vortrefflich malen, vor allem im Gesicht von anderen.
Mit Gräsern gibt es Spiele wie «Huehn oder Güggel» oder man kann sie zwischen die Daumen spannen und pfeifen damit. Mit grossen Blättern lässt sich ein Knall erzeugen, wenn man sie gekonnt auf das Rund von Zeigefinger und Daumen legt.
Ein Sport von uns war das Zählen der Wagen vorbeiratternder Güterzüge. Danach stritten wir uns, wer die richtige Anzahl schneller herausgefunden hatte. Bei den Wolkenformationen macht es einen Heidenspass, sich auszudenken, welchen Tieren sie ähneln. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Auch findet man mit Hahnenfuss-Spielen wie «Er liebt mich, er liebt mich nicht» wunderbar heraus, wer ein Auge auf einen geworfen hat.
Der Schulweg lädt ein zum Träumen und den Gedanken nachzuhängen, zum Trödeln und das Gesicht der Sonne entgegenzustrecken. Er ist Ort der Sozialisation. Freundschaften beginnen auf dem Schulweg und manchmal zerbrechen sie dort.
Manchmal ist er mühselig, der Schulweg. Dann, wenn es hudlet zum Beispiel, wenn garstiges Wetter ist oder wenn man zu wenig geschlafen hat.
Auch wenn es Streit gibt, einem das Velo oder der Schul-sack weggenommen werden und man im Strassengraben landet, ist es nicht lustig. Nein, es ist grässlich und brutal.
Auf dem Schulweg muss man Wind, Wetter, den Verkehr, andere Kinder und sich selbst aushalten. Man entdeckt, wie farbig und wie wahnsinnig spannend das Leben ist und welche Gefahren es birgt. Man lernt hinzufallen, aufzustehen und weiterzugehen. Der Schulweg ist mehr als nur ein Weg.
Er macht Kinder stark und resilient. Keine Autofahrt kann ihn ersetzen. Im Gegenteil.
Ich bin überzeugt davon, dass man die Kinder einer wichtigen Lebenserfahrung beraubt, wenn man sie den Schulweg nicht selbstständig bestreiten lässt. Für mich war der Schulweg prägend und die Erinnerungen daran sind bleibend. Niemand kann sie mir nehmen. Weder jene als Primarschülerin noch die in der Oberstufe, als wir manchmal erst um sieben oder acht am Abend nach Hause kamen, weil wir noch so viel diskutieren und die Welt retten mussten.
Nie werde ich verstehen, wieso man den Schulweg nicht mit dem Velo oder zu Fuss zurücklegen sollte, zumindest nicht, wenn die Schule im Dorf ist. Genau heute wären all diese Erlebnisse wichtiger denn je.