7. Juli 2023: Ich bin eine Frau und nicht multitaskingfähig!
Die Kolumnistin schreibt zu einem selbst gewählten Thema. Sie ist Bäuerin sowie Politikerin und lebt auf einem Milchwirtschaftsbetrieb in Zeihen im Kanton Aargau.
Heute ist es mal wie der so weit. Das Fleisch ist genügend lange abgehangen und wartet darauf, vakuumiert zu werden. Für diese Arbeit darf ich einmal mehr auf die Mithilfe meiner Freundin zählen. Das ist meine Hauptmotivation für diesen Samstagsjob. Wir sind ein eingespieltes Team. Jede kennt ihre Handgriffe. Da zwischen bleibt Zeit für einen Schwatz oder Zeit, um seinen Gedanken nach zuhängen.
Manchmal schätze ich dieses Arbeiten in stiller Eintracht – irgendwie entspannend und beruhigend
bei dem Gstürm, das sonst zuweilen herrscht. Beim Metzger unseres Vertrauens herrscht ein emsiges Trei ben. Da ist ein Kommen und Gehen. Die einen brauchen Grillwürste, die anderen Hackfleisch für einen Braten, die Dritten kommen einfach so. Die Metzgerei in dieser verwunschenen Ecke des Tals, the place to be.
Sie gesellen sich zu uns, die Männer, diskutierend über Gott und die Welt. Ja, dieser Fachkräftemangel sei ein Problem, meint einer. Viele könnten nicht mehr richtig anpacken, sagt ein anderer. Ich wähle die falsche Taste beim Hackfleisch. Jaja, früher wäre das noch ganz anders gewesen, erinnert sich der Dritte. Aber es wäre schön, dass hier zwei Frauen stünden, die noch arbeiten könnten. Mir knüllen die Etiketten bei der Maschine zusammen.
Ob ich denn noch ledig wäre, fragt der Erste neugierig. Erledigt sei ich, gebe ich grinsend zur Antwort. Er sei ein Netter und würde halt noch eine Frau suchen. Es sei schon bewundernswert, wie wir Frauen schwatzen könnten und nebenbei einfach unsere Arbeit weiter machen. Ich weiss nicht mehr, ob ich für die letzten Vakuumsäckchen die Strichlein schon gemacht habe oder nicht. Im Zweifelsfall für den Metzger, denke ich und setze nochmals vier Striche aufs Papier.
Was ich denn arbeiten würde, meint der Zweite. Aha, noch Politikerin, ah, da könn te ich doch einen Vorstoss machen im Parlament. Er hätte da ein wichtiges Thema, das unbedingt behan delt werden müsste. Ich schreibe das Filet mit Hohrückensteak an. Also er fände, es sei unsäglich, dass hier niemand etwas sagen würde. Er wäre mir sehr dankbar, wenn ich sein Anliegen mit in die Kantonshauptstadt nehmen würde.
Diese Besuche in der Metzg wären einfach immer wahn sinnig toll, meint der Erste. Hier treffe man so viele Menschen. Ich merke, dass ich alle Plätzchen in die Kiste meiner Freundin geladen habe und unsere Kiste noch leer ist.
Gesellig sei es immer, gesellig. Ja, das finde ich durchaus auch. Auch der Kaffee ist wunderbar. Und der Metzger ist der Beste. Als meine Freundin meint, eigentlich müsste sie jetzt kochen gehen, wird mir bewusst, dass wir schon lange fertig sind mit Fleisch vakuumieren. Ja, ich bin eine Frau und nein, ich bin nicht multitaskingfähig.