Sonntagmorgen, 19. November 2023

Auf meinem traditionellen sonntäglichen Hofrundgang begleitet mich unbekanntes Vogelgezwitscher. Um diese Jahreszeit hörte ich jeweils nur Spatzen.

Wohl zu faul, um das Quartier zu zügeln, bei dieser Wärme. Ich würde wohl auch bleiben. Wieso eine gefährliche Reise antreten, wenn es ohne geht. Plötzlich schonet es. Dieses Wort hatte ich auch schon fast vergessen. Bim Tage schonets. Wir müssen ihnen Sorge tragen, den Wörtern. Den Wörtern und uns. Ich denke an den Vorabend, wo ich zu später Stunde von der grossen Stadt nachhause fuhr. Da sieht man sie, die Schicksale, die Menschen ohne Dach über dem Kopf, jene, die ihr Leben nur noch mit der Zufuhr irgendwelcher ungesunder Substanzen meistern. Sie sind mitten unter uns. Dort ist Vieles offensichtlich, was bei uns im Verborgenen passiert. Dramen hinter Mauern, zerstörte Seelen. Man betrachtet Menschen von aussen, urteilt über sie. Wie manches Urteil würden wir wohl anders fällen, sähen wir in die Seele unseres Gegenübers. Jeder trägt seinen Rücksack, jede hat ihre Geschichte. Wir müssen uns und unserem Umfeld Sorge tragen, denke ich, nicht nur den Wörtern.
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