Wir lassen die Katze aus dem Sack: Die Grossrätin, Sekundarlehrerin, ausgebildete Schulleiterin und Bäuerin Colette Basler soll Nachfolgerin von Kathrin Scholl im alv-Präsidium werden.
Es ist ein heisser Sommertag. Auf dem Uelberg-Hof von Markus und Colette Basler im beschaulichen Zeihen ist es still, selbst die Kühe haben kein Interesse an der Weide und bleiben im kühlen Stall. Hier, auf einem Milchwirtschafts- betrieb mit Biodiversitätsfläche, lebt die 51-jährige Colette Basler, hier arbeitet sie mit, wenn es die Zeit zulässt. Das ist der eine Hut, den sie trägt. Aber noch bekannter ist die Fricktalerin im Aargau als versierte Bildungspolitikerin. Seit acht Jahren ist Basler Grossrätin, seit vier Jahren ist sie Co-Fraktionspräsidentin der SP.
Colette Basler kandidierte vor einem Jahr für den Na- tionalrat und verpasste den Einzug nur knapp. Ein guter Moment für alv-Präsidentin Kathrin Scholl, sie anzufra- gen, ob sie Interesse an ihrer Nachfolge im Amt hätte – denn in einem Jahr geht Kathrin Scholl in Frühpension. Colette Basler sagte zu, weil sie die Verbandsarbeit «wahn- sinnig gern» mache. Sie liebt es, auf strategischer Ebene zu arbeiten, Ideen und «Vorwärtsstrategien» zu entwickeln und betont: «Ich arbeite sehr gerne mit den unterschied- lichsten Menschen zusammen.» Basler bringt viel Erfah- rung in der Verbandsarbeit mit, in Zeihen präsidierte sie zehn Jahre lang die Schulpflege und war Vizepräsidentin des VASP bis zur Abschaffung der Schulpflegen im Aar- gau. Heute amtet sie als Vize-Präsidentin des Bauernver- bandes Aargau. Die Politikerin wird von links bis rechts als Brückenbauerin wahrgenommen, die gut zuhören kann. Das gilt auch für die Bildung: «Ich weiss viel über Bildung und habe schon viele Bildungshüte getragen, das hilft mir für das Verständnis für die verschiedenen Akteure und Ak- teurinnen in diesem Bildungskuchen.»
Kampf gegen Abbau in der Bildung
Der alv-Verbandsrat hat sich im Juni einstimmig dafür ausgesprochen, Colette Basler den Delegierten am 30. Ok- tober zur Wahl vorzuschlagen, für eine Frau, die sich seit Jahren beherzt einsetzt für gute Rahmenbedingungen in der Bildung und für eine hohe Bildungsqualität: Sie steht ein für die Frühe Förderung, «damit die Bildungsschere nicht schon im Kindergarten aufgeht». Sie befürwortet die «dringend notwendige» Schulsozialarbeit auf allen Stu- fen und sie kämpft dafür, dass schädliche Abbauprojekte des Kantons in der Bildung aus den 10-er Jahren wieder rückgängig gemacht werden, denn sie sieht ihre damaligen Warnungen heute allesamt bestätigt: «Die beschlossenen Sparmassnahmen kommen wie ein Bumerang zurück. Das watscht uns jetzt, und zwar richtig.» Unterdessen wurde der Begleitete Berufseinstieg wieder eingeführt und die Politik verlangt nach mehr Sonderschulplätzen. Colette Basler ist überzeugt, dass auch das gestrichene Sabbatical für Lehrpersonen wieder zurückkehren wird, denn viele seien am Limit: «Jetzt haut es gestandene Lehrpersonen aus dem System, das beunruhigt mich extrem. Sie sind er- schöpft und halten das System am Laufen mit den Quer- einsteigenden, die sie zusätzlich betreuen müssen, teils Leute komplett ohne Ausbildung».
Es dürfe gar nirgends mehr gespart werden. Nur schon aufgrund des demografischen Wachstums im Kanton – 1000 Schülerinnen und Schüler mehr als im Vorjahr – brauche es massiv mehr Personal und räumliche Res- sourcen. Die Pensionierung der Babyboomer, die oft ein 100-Prozent-Pensum innehatten, verschärfe die Situation weiter.
Colette Basler spricht besonnen, aber kämpferisch. Sie zeigt keine Ermüdungserscheinungen darüber, dass sie im bürgerlich dominierten Parlament mit ihren Vorstössen nicht immer durchkommt, denn sie ist überzeugt: Steter Tropfen höhlt den Stein: «Wenn ich an das nicht glauben würde, hätte ich schon lange aufhören müssen.» Es brau- che viel Aufklärung, das sei auch in der Landwirtschaft so. Sie will als künftige alv-Präsidentin Leute zusammenbrin- gen und darauf achten, dass sie einander zuhören – «Dar- auf freue ich mich extrem!»
Ich arbeite wahnsinnig gerne mit den unterschiedlichen Menschen zusammen.
Mehr Marketing für den Verband
Vernetzen über alle Stufen hinweg und junge Primarlehr- personen davon überzeugen, dass es Ehrensache ist, alv- Mitglied zu sein – dies ist wird eine grosse Aufgabe für die künftige alv-Präsidentin innerhalb des Verbands sein. «Vielleicht muss man noch etwas mehr ins Marketing in- vestieren, analog einer Versicherung.», überlegt Basler. Der alv sei schliesslich eine Versicherung für Lehrpersonen: «Man erhält Rat und Rechtsberatung.» Sie will die Begeis- terung transportieren, die sie selbst für den Lehrberuf hat, «ein wunderbarer Beruf!». Colette Basler ist auch über- zeugt davon, dass der Beruf wieder einen anderen Stel- lenwert erhalten muss und sieht die Eltern wieder mehr in der Pflicht: «Alles kann man den Lehrpersonen nicht zumuten. Die Schule muss im Moment die Quadratur des Kreises machen und das geht auf Dauer nicht.» Sie würde es auch begrüssen, wenn der Kanton mehr Verantwortung übernehmen würde und reagiert allergisch auf das Mantra der «Schule vor Ort»: «Vom Kanton verfügte Regelungen, etwa ein Handyverbot an Schulen oder das Thema Urlaub, das in verschiedenen Gemeinden unterschiedlich gehand- habt wird, würden Lehrpersonen enorm entlasten.»
Colette Basler betont am Schluss des Gesprächs noch- mals: «Es braucht mehr Geld in der Bildung – für Stras- sen haben wir immer Geld, diese Kassen sind immer voll.» Von links bis rechts sei man sich ja einig: Bildung ist unser höchstes Gut und wir wollen ausgebildetes Personal – «Ja also, das gibt es einfach nicht zum Nulltarif! Go for it!».
PDF, Artikel erschienen im Schulblatt Aargau Solothurn im September 2024