Sonntagmorgen, 24. Dezember 2023

An dieser Stelle mein letzte Kolumne in der BauernZeitung.
Das ist Weihnachten für mich

Was schreibt man vor Weihnachten? Um diese Frage zu klären und mich inspirieren zu lassen, erklimme ich unseren Hausberg. Dort, in luftiger Höhe, mit dem (Weit)Blick über das ganze Tal, erhoffe ich mir Antworten. Schnee sei für sie Weihnachten, meinte meine Tochter ganz lapidar. Eine überzuckerte Landschaft und Schneeglitzer lassen in der Tat weihnächtliche Gefühle erwachen. Er fehlt. Auf dem Hausberg finden sich von Raureif umrandete Blätter, schneekristallähnlich, ein Gedicht. Nebelschwaden hängen in den kahlen Bäumen, ziehen über die Hügel und Täler und bleiben da und dort liegen. Hie und da ein Loch, einzelne Häuser glänzen in der Sonne. Fasziniert beobachte ich dieses Naturschauspiel. Mystisch und voller Magie, ein Kommen und Gehen, eine sich ständig verändernde Landschaft. Ein Abbild der Welt und der Menschheit, bunt und divers, voll atemberaubender Schönheit und tiefen Abgründen. Ergriffen bestaune ich die Szenerie. Schemenhaft in der Ferne unser Hof, von Nebelschwaden umhüllt. Meine Heimat, mein Zuhause. Neben dem Aussichtspunkt erheben sich mächtige Tannen. Den Tannenbaum haben wir noch nicht geholt, denke ich. Es weihnachtet. Melancholisch lasse ich meine Gedanken vagabundieren. Spediere mich zurück in meine Kindheit und erwache im Jetzt. Vieles ist geblieben. Immer noch lieben alle die fast verbrannten Mailänderli am liebsten. Immer noch singt die Familie die Weihnachtslieder falsch und weiss nur die erste Strophe. Immer noch gibt es diese Spannungen vor den Festtagen und am Schluss wird dann alles gut. Und immer noch müssen wir den Weihnachtsbaum irgendwo auf einem verlorenen Haufen Tannen im Wald holen, weil wir den Abgabetermin der Gemeinde verpasst haben. Ja, und das ist für mich Weihnachten. Dieses Unvollkommene, unvollendete und doch besinnliche, lichtvolle und durchaus lustige Fest mit der Familie und den Menschen, die uns wichtig sind. Es sind für mich die glänzenden Kinderaugen und das Zappeln, bis die Geschenke geöffnet werden können. Es ist ein guter Wein und inspirierende Gespräche. Ein kunterbunter Tannenbaum und schiefe Kerzen, eine lange Nacht und müde Glieder, wenn am nächsten Morgen der Wecker klingelt und die Stallarbeit ruft.
Ergriffen stehe ich da, atme die kühle Winterluft tief in meine Lungen ein, schliesse die Augen und fühle mich ganz weihnächtlich.

Ich wünsche allen ein wunderbares Weihnachtsfest.

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